Als Politikerin, die sich für nachhaltige Ernährung und eine ebensolche Landwirtschaft einsetzt, finde ich mich normalerweise konsterniert bis frustriert vor Zahlen zum Konsumverhalten wieder. Anders geht es mir nun im Zuge der Corona-Krise. Fern von hamsternden Käuferinnen von Pasta und WC-Papier-Fanatikern schlägt sich das veränderte Konsum-verhalten nämlich auch in den Absatzstatistiken nieder und lässt mich positiv in die Zukunft blicken.

So ist der Absatz biologisch produzierter Agrarprodukte um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Ebenfalls verzeichnen Hofladen und Direktvermarktungsbetriebe einen starken Anstieg der Nachfrage. Tatsächlich: Es scheint, als würden wir, wenn wir uns vermehrt selber und zu Hause verpflegen, stärker auf Herkunft und Produktion der Lebensmittel achten. Auch der Fleischkonsum, insbesondere von Edelstücken wie Filet und Entrecôte, ging stark zurück; dies deshalb, weil diese Stücke vor allem in der Gastronomie zum Einsatz kommen.

Diese Veränderungen auf dem Markt erklären auch die Diskrepanz in Umfragen zwischen den Aussagen «Tierwohl und Nachhaltigkeit sind mir wichtig» und dem tatsächlichen Konsumverhalten. Kaufen wir selber ein, so konsumieren wir offenbar signifikant nachhaltiger und tierfreundlicher. Der hohe Anteil tierquälerisch und unökologisch produzierter Lebensmittel kommt vor allem durch unseren Konsum ausser Haus zustande.

Dies lässt hoffen auf die Zeit nach der Krise. Wird die Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsum Konsequenzen über die Corona-Zeit hinaus haben? Haben wir Gefallen am Zubereiten lokaler Produkte gefunden, oder ist alles so schnell vergessen, wie es in unseren Alltag Einzug gehalten hat? Diese Krise ist auch eine Chance, jetzt die Weichen für eine nachhaltigere Landwirtschaft zu stellen, Bauern und Konsumentinnen und Konsumenten wieder direkt zu verknüpfen, ohne den Umweg über Grossverteiler, die mit hohen Margen, Dumpingpreisen und absurden Gemüsenormen auf unfaire Art in den Markt eingreifen.

Gerade in Bezug auf die Gemüsenormen musste ich bei der Lektüre der Absatzveränderungen schmunzeln. Im Zuge der Krise haben sich Gemüseproduzenten und Grossverteiler kurzgeschlossen, damit das «zu grosse und unförmige» Gemüse, das ansonsten für die Gastronomie bestimmt ist, trotzdem in den Detailhandel gelangen kann. Als ich vor Kurzem genau dies von unserem orangen Detailriesen forderte, hiess es, es sei «logistisch kaum machbar». Auch hier lehrt uns die Krise: wir keönnen, wenn wir wollen. Lasst uns wollen.

Meret Schneider

ist GP-Nationalrätin und wohnt in Uster